fabfamily.de - Fiona, Anke & Bernd

Juni
2015

Lovina, Bali, Indonesien
Juni 2015

Nicht jede Reiseerfahrung tut not...

Ein Hund beißt und ein Mensch stirbt

Unsere entspannte Ruhe hier wurde am Mittwoch Abend durch einen kleinen Zwischfall zum ersten Mal unterbrochen. Fionas neues Kuscheltier, der kleine Hund Maxi, hatte die Schnauze voll und hat Fiona das durch einen herzhaften Biss in ihre Nase zu verstehen gegeben.

Das Geschreie war natürlich groß – und die Sorge um Fiona, nach einigen Diskussionen mit Vera über ihren Maxi und was wir nun unternehmen sollten, auch. Zwar waren die Löcher von Maxis Zähnen in Fionas Nase nur sehr klein und Veras Hunde, im Gegensatz zu den anderen Hof- und Straßenhunden, die einem hier an jeder Ecke hinterher bellen, auch gesundheitlich immer bestens versorgt worden – aber zum Einen hatte Maxi sich die beiden Tage vorher mehrfach übergeben, so dass wir unsicher waren, ob diese Infektion nicht auch auf Fiona überspringen könnte und zum Anderen war Maxi erst kürzlich von Vera adoptiert worden. Tollwut war deshalb leider auch noch ein Thema.

Mehrere halb indonesisch, halb englisch geführte Telefonate mit der Tierärztin, die zwischendurch auch noch mit ihrem Mann konferierte, der auf einem Kongress in Jarkata war, brachten keine wirklich konkreten Erkenntnisse – außer dem Hinweis, wir sollten wohl besser Mal im Krankenhaus vorbeifahren.

Vera rief Kadek an, der auch gleich mit seinem Transporter vorbei kam und uns zusammen mit Vera begleitete. Das nächste Krankenhaus war in Singaraja und lag etwa 12 km von Lovina entfernt. Da es als öffentliches Krankhaus auch gleichzeitig das Hauptkrankhaus für ganz Nord-Bali war, war’s zur abendlichen Stunde auch ganz schön voll. Als wir vorfuhren und Kadek uns schon mal ausstiegen ließ dachte ich, was Anke direkt über die Lippen kam: „Ach du Scheiße…“. Das Krankenhaus sah aus wie ein heruntergekommenes Hotel. Überall standen Fenster und Türen offen und Ärzte und Krankenpflege in rosa Kitteln und mit Mundschutz wuselten durch die Gänge. Dazwischen waren mit Vorhängen abgetrennte Bereiche in denen jede Menge Leute standen, saßen oder lagen. Direkt neben der Tür war eine große Leuchttafel, an der zwei Ärzte Röntgenbilder begutachteten. Es sah total chaotisch aus…

Die Notaufnahme war „open air“ – draußen neben der Tür über mehrere schwere Holzschreibtische verteilt. Direkt davor das Wartezimmer – zumindest ein Teil davon. Etwa 20-30 Menschen saßen hier kreuz und quer über das Straßenpflaster verteilt auf dem Boden.
Das Gespräch an der Anmeldung fiel kurz aus. Kadek schaute nur etwas besorgt und stellte noch eine Nachfrage – dann wurden wir eingeweiht: „They don’t have vaccination for rabies any more – only in Denpasar“. Denpasar war ganz im Süden, gut 3 Stunden fahrt von hier entfernt.

Ein guter Zeitpunkt noch mal zu erwähnen, dass Fiona gerade vor der Abreise gegen Tollwut geimpft worden war. Kadek wirkte etwas erleichtert – sicher auch weil ihm der nächtliche Ritt nach Denpasar erspart bleiben sollte. Ein paar Telefonate später war dann klar: „Ok, we will go and see the chinese doctor“. Also, ab zum Chinesen. Wir wollten in jedem Fall noch mal die Meinung eines Arztes dazu hören.

Nach etwa 15 Minuten Fahrt erreichten wir dann eine Privatklinik, die auch wie ein Hotel aussah, aber in wesentlich besserem Zustand. Anmeldung und Wartezimmer waren wieder open air, aber es gab drei lange Stuhlreihen, die mit den Lehnen zum Parkplatz Richtung Gebäude ausgerichtet waren. Nur zwei Stühle waren mit einem älteren Ehepaar besetzt.

Nach relativ kurzer Wartezeit wurden wir in das Haus gerufen. Wir betraten einen großen Raum mit einem Schreibtisch links in der Ecke, an dem sich zwei Ärzte und einige Pfleger versammelt hatten. Der Rest des Raumes bestand aus mit Vorhängen abtrennbaren Bereichen, jeweils mit einer Liege und einigen Aparaturen ausgestattet. Wir wurden direkt gegenüber des Schreibtisches zu einer Liege am Fenster geschickt.

Während Fiona in Tränen aufglöst da saß und höllische Angst davor hatte eine Spritze bekommen zu müssen, fuhr plötzlich ein kleiner Tranporter direkt vor der Tür vor und 4 Männer trugen hektisch einen schreienden und zappelnden Mann an allen Vieren herein. Alle Ärzte liefen zusammen und der Mann wurde auf eine Liege schräg gegenüber von unserer verfrachtet. Geräte wurden angeschlossen und noch mehr Verwandtschaft – offensichtlich in einem zweiten Wagen angereist – kam herein. Der schreiende und zuckende Mann musste von mehreren Pflegern festgehalten werden. Anke und ich hatten Fiona vor der Nase und direkt dahinter ein Szenario im Blick, dass mich irgendwie an eine von diesen amerikanischen Krankenhausserien erinnerte, wenn es in der Notaufnahme richtig hektisch wird. Fiona zu beruhigen fiel uns angesichts des Geschreies, dass unser auch nicht gerade ruhiger werden ließ, nicht wirklich leicht…

Dann hörte der Mann plötzlich zu schreien auf und die Beine zappelten auch nicht mehr. Es wurde wieder etwas hektischer, eine weinende ältere Frau, die sicher seine Ehefrau war, wurde nach draußen gebracht. Vorhänge wurden zugezogen, aber von unserer Kabine hatten wir nach wie vor ungehinderten Blick auf hektische Wiederbelebungsversuche. Wir mussten mit ansehen, wir jemand zwei Meter entfernt vor unseren Augen starb, während wir versuchten unsere weinende Fiona zu beruhigen. Anke hatte Tränen in den Augen und mir wurde das so langsam auch etwas zuviel.

Fiona Wunde war mittlerweile gereinigt worden, aber ein Defibrillator gegenüber machte die Gesamtsituation nicht besser. Wir wurden wieder raus zu den Wartebänken gebracht. Der Arzt meinte die Impfungen wären völlig ausreichend, aber wegen einer Infektionsgefahr sollte in jedem Fall ein Anitbiotikum gegeben werden.

Ich hatte mich vorgestern noch geärgert, dass in unserer, ansonsten sehr üppig ausgestatten, Reiseapotheke ausgerechnet die Brandsalbe fehlte – als ich mir eine Kanne kochendes Kaffeewasser über die Beine gekippt hatte. Antibiotika hatten wir aber zum Glück reichlich dabei…

Während wir auf unsere Arztrechnung warteten wurde der weinende Sohn, gestützt von zwei anderen Verwandten, aus dem Behandlungssaal geführt.
Solche Erlebnisse brauchen wir definitiv nicht allzu oft auf unserer Reise.

In jedem Fall waren wir sehr froh, dass Vera und Kadek mit dabei waren und uns völlig selbstverständlich bei allem unterstützt und geduldig mit uns gewartet haben – ohne die beiden hätte dieser Abend für uns definitiv im absoluten Chaos geendet!


Geschrieben von Bernd | Kategorie: Asien | ,

 

3 Kommentare zu “Ein Hund beißt und ein Mensch stirbt”

  1. Lutz hat am 13. Juni 2015 um 18:20 geschrieben:

    Gute Besserung!

    1. Bernd hat am 14. Juni 2015 um 1:01 geschrieben:

      Danke! Ist mittlerweile alles problemlos überstanden…

  2. Anred Klingenberg hat am 8. Juni 2015 um 18:44 geschrieben:

    Mit großem Interesse haben wir euren Blog gelesen und mitgefiebert es war spannend wie in manchen Film Wir wûnschenEuch weiterhin allrd Gute

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