fabfamily.de - Fiona, Anke & Bernd

Juni
2015

Lovina, Bali, Indonesien
Unterwegs in Vera’s Nachbarschaft
Juni 2015

Die ersten Tage auf Bali

Unterwegs in Vera’s Nachbarschaft

Ich muss noch ganze 3 Mails schreiben. Diesen riesigen Berg Arbeit schiebe ich jetzt schon seit 2 Tagen vor mir her – und morgen müssen die sogar schon verschickt sein. Wenn der Stress also wieder los geht, dann kann ich den Schwung auch gleich mal nutzen und hier wieder was schreiben.
Nach einer nicht enden wollenden Anreise sind wir nun seit 5 Tagen auf Bali.

Direkt nach der Ankunft habe ich als erstes gleich Mal die oft erwähnte Hilfsbereitschaft der Balinesen getestet – sogar mit Erfolg. Ich war zwar etwas erstaunt, als eine etwas ältere, indonesische Dame vom Geldautomaten hinter mir hergelaufen kam und mir eine Kreditkarte in die Hand drückte – aber als ich meinen Namen auf der Karte laß, fand ich das dann doch ganz gut. Wäre sonst echt ein herber Verlust in der ersten halben Stunde auf Bali gewesen…

Wir wurden von Kadek abgeholt, (noch) einem freundlichem Balinesen, der uns vom Flughafen in Denpasar in 3 Stunden nach Lovina, einem Ort ganz im Norden von Bali, brachte. Lief alles sehr entspannt. Und die Fahrt über Land war schon mal eine nette Einführung in des Leben hier.

Die Roller, die wie Bienenschwärme über die Straßen schwirren, lassen sich hier problemlos mit soviel Waren beladen, wie man sonst in einem handelsüblichen Kleintransporter erwarten würde. Unterstützt werden diese logistischen Meisterleistungen zusätzlich von der Tatsache, dass es so gut wie keine (verbindlichen) Verkehrsregeln gibt. „You can park everywhere – even on the middle of the road, if you like… and we don’t have a speed limit“, klärte uns Kadek über weitere Vorzüge dieser Freizügigkeit auf. In jedem Fall sehr gewöhnungsbedürftig, wenn man sich sonst brav durch den heimischen Schilderwald navigiert.

Grundsätzlich herrscht auf Bali ja Linksverkehr. Wir werden mal links, mal rechts, mal auf beiden Seiten überholt – und während wir überholen, ist sogar genug Platz damit der Gegenverkehr auch noch überholen kann. Die beiden Fahrbahnen machen je nach Fahrzeugtyp sogar bis zu 6 effektiv nutzbaren Spuren möglich. Dann schneidet uns ein Roller beim Wiedereinfädeln, der das Fahrzeug, das wir gerade überholt haben, auf der anderen Seite überholt hatte. Alles kein Problem – nur zweimal wird es so knapp, das sogar Kadek kurz zuckt und ihm ein „Uuuh…“ entlockt.

Auf die Frage, ob es hier denn viele Unfälle geben würde, antwortete er: „No, actually we don’t have too many. You just don’t have to hesitate.“
„Augen-zu-und-durch“ ist hier also das Erfolgsrezept. Und in der Tat, wenn sich das Auge an einen minimalen Mindestabstand von wenigen Zentimetern gewöhnt hat, läuft der Verkehr hier zugegebenermaßen recht flüssig. Ein ausgeklügeltes System aus Hupen und gelegentlichem Blinken macht’s scheinbar möglich.
Im Vorbeifahren sehen wir dann auch noch unsere erste Hindu-Beerdigung. Direkt neben der Straße findet eine Verbrennung statt.

Als wir im Dunkeln bei Vera ankommen sind Fiona und Anke schon eingeschlafen – und auch mir sind die Augen während der Fahrt schon einige Male zugefallen. Die anfängliche Euphorie, endlich angekommen zu sein, hält uns nur kurz auf den Beinen. Wir legen uns früh hin und schlafen richtig lange…

Vera's HausAbendessen auf der Veranda

Genug Platz für 3Sehr chillig: der Blick in Vera's Garten

Vera wohnt mit ihren drei Hunden – Scooby, Igo und Maxi – und Manie, der Katze in einem kleinen Vorort von Lovina. Hier teilen wir uns mit ihr für 10 Tage ihr Haus – und ihren großen, tropischen Garten. Fiona war natürlich sofort von der reichhaltigen Tierausstattung begeistert. Besonders der kleine Maxi war perfekt zum Schmusen geeignet und ließ so ziemlich jede Knuddelei mit großen Augen über sich ergehen.

Sehr schön fand ich als Fiona sich am zweiten Morgen auf die Treppe der Veranda gesetzt hatte, ihren Kopf auf die Hände stützte und nach einer Weile, die sie, ohne etwas zu sagen, in den Garten geschaut hatte, mit ganz ruhiger Stimme meinte: „Es ist ein bisschen Langweilig, aber auch schön hier…“ Ich glaube, das war ihre Art zu sagen, dass sie es „chillig“ findet… ;-)

Dank Vera sind wir gleich mittendrin. Sie führt uns im Dorf herum und versorgt uns auch ansonsten mit allem was wir brauchen – und nicht brauchen. Zum Frühstück gibt’s jeden Morgen Bananenpfannkuchen. Wir fühlen uns sofort richtig zuhause bei ihr…

Am ersten Tag besuchten wir dann auch noch Kadek und seine Familie, die gleich eine Straße weiter wohnen. Obwohl er eigentlich auf dem Sprung war, werden wir auf einen Kaffee eingeladen und sitzen noch etwa eine Stunde zusammen, bis er dann wirklich los muss.
Beim Gehen fallen uns an seinem Haus recht prominent platzierte Hakenkreuze auf, die wir auch schon an anderen Häusern entdeckt hatten. Anke und ich waren zunächst etwas irritiert, wie sich herausstellte ergaben sich aber letzendlich nur 2 Optionen: entweder wir waren in einem üblen Nazi-Nest gelandet – oder bei Hindus (die auf Bali übrigens etwa 90% ausmachen), die haben nämlich das eigentliche Copyright auf dieses Symbol, das „Swastika“ genannt wird und im Hinduismus ein Glückssymbol repräsentiert.

Fast jede Familie hat hier übrigens auch ihren eigenen Schrein, an dem mehrmals täglich Opfergaben in kleinen Palmenblattnestern platziert werden. Diese Opfergaben stehen auch gerne mal vor den Häusern am Straßenrand oder am Strand, so dass man immer aufpassen muss nicht versehntlich auf eins zu treten.

Swastika - ein Glückssymbol im HinduismusOpfergaben

Kleine Opfergaben......werden hier mehrmals täglich......auf der Straße oder den Schreinen hinterlegt

Lovina ist so etwas wie das Touristenzentrum des Nordens. Aber auch nach ein paar Tagen begegnen uns hier nur sehr sporadisch Touristen. Dementsprechend stürzen sich auch die diversen Ladenbesitzer und Straßenhändler auf jeden, der vorbeikommt. Zumindest in „unserer“ Ecke haben wir das Gefühl, dass man sich bei uns etwas zurück hält, weil wir zu Vera gehören. Ansonsten wird uns aber im Vorbeigehen aus fast jedem Haus ein „need Taxi?“ zugerufen. Egal ob Wäscherei, Restaurant oder Mini-Laden – dass zweite Standbein der Indonesier scheint hier grundsätzlich das Transportwesen zu sein. Oder, wie uns gestern bei einer Fahrt glaubhaft versichert wurde: „Transportation is my hobby“. Zum Abschied gab’s dann vom Fahrer noch eine Visitenkarte mit Handy-Nr., Mail-Adresse – und Suchbegriffen für eine „google search“ (man findet dann darüber unter anderem eine für meinen Geschmack leicht prollige Google+-Präsenz).

Transportation is his hobbyBei 30 Grad ist auch der Regen beim Baden egalEin Warung direkt bei Vera um die Ecke

Die Verkaufstrategien sind immer die gleichen. Entweder bekommt man eine einmalige Handarbeit, die sonst nur bei ebay für das zigfache erhältlich wäre, zu einem Spottpreis oder man zahlt den „special morning price – because it’s for good luck“. Beim ersten Mal glaubt man das alles natürlich noch, aber dann werden einem die handgefertigten Amulette des Künstlers, der sie uns ausnahmsweise für „nur 2 Euro“ auf Deutsch anbietet zwei Ecken weiter noch mal für 5000 Rupien schmackhaft gemacht, was in etwa 30 Cent entspricht. Handeln ist hier ohnehin Pflicht – das ist bei uns Ankes Part…
Es kommt aber auch genauso oft vor, dass wir einfach nur so freundlich gegrüßt oder angequatscht werden. Die erste Frage ist dann meist, die nach Fionas Alter. Und beim Herumstreunern treffen wir hier sogar schon „alte“ Bekannte – mindestens einmal täglich läuft uns Kadek über den Weg.

Unterwegs mit Kadek

Mit Kadek haben wir am dritten Tag auch unseren bisher einzigen Ausflug unternommen. Los ging’s mit einer Schnorcheltour zum Menjangan Island. Eigentlich ein Naturschutzgebiet, die beiden Riffe an denen wir Halt gemacht hatten waren allerdings von den Touri-Strömen, die hier scheinbar durchgetrieben werden, schon recht platt gewalzt worden und es gab mehr tote als lebende Korallen zu sehen. Trotzdem gab es viele Fische und eine schöne Unterwasserlandschaft direkt an einem Steilhang.

Schnorcheln ist noch nicht so Fionas Ding

MittagspauseEin Seestern

Ein ClownfischUnd noch ein Fisch

Danach gab’s dann noch ein Bad bei den heißen Quellen von Banjar. Absolut nicht mein Ding sich bei über 30 Grad Lufttemperatur in noch wärmeres Wasser zu setzten, aber bei den Einheimischen sind die offenbar sehr beliebt – und Fiona hat es auch riesigen Spaß gemacht so lange drinne zu bleiben, bis die Finger total verschrumpelt waren.

Hot springs of Banjarbali1_17b

bali1_18aDer Sicherheitsdienst ihr ist sehr beschäftigt

Letzter Stopp war dann noch der nahezu einzige, wenn auch größte, buddhistische Tempel Balis. Auf einer Insel mit 90% Hindus und wohl über 1000 hinduistischen Tempeln und Gebetsstätten sicher die richtige Wahl sich der Kultur Balis zu nähern…

Ganz wichtig: Respekt vor fremden Kulturgütern

Fiona hatte auf der Tour und in den vorherigen ersten Tagen zwischendurch immer wieder einige Durchhänger, verbunden mit Quengeleien und der für eine 5-jährige sicherlich typischen Bockigkeit, die uns aber unsicher machten, ob wir ihr teilweise nicht doch zu viel zumuten. Insbesondere auch wegen der Hitze. Obwohl sie die allermeiste Zeit total aufgeregt mit großem Spaß unterwegs war, haben Anke und ich uns überlegt für jeden mal einen „Bestimmer“-Tag einzuführen. Soll natürlich ein Anreiz sein, unseren Kram mit durchzuziehen – aber uns letztlich auch zeigen, was sie denn eigentlich will. Der Tag nach unserer Tour war dann auch Fionas erster Bestimmer-Tag. Wir mussten Kakao besorgen, Fiona wollte einen Film gucken und Nachmittags ging es dann zum Strand – in diesem Fall definitiv eine Win-Win-Situation für uns alle… ;-)

Filme gucken zum Entspannen

Filme gucken zum Entspannen – das ist so wie zuhause…

Eine Sache, die mir erst gestern aufgefallen ist: Die Kommunkiation mit Vera ist nicht ganz so reibungslos, wie ich das bisher gedacht hatte. Ihr Englisch ist, genau wie unseres, nicht das allerbeste. Trotzdem schien die Verständigung bisher reibungslos zu funktionieren. Wir waren in jedem Fall immer froh, dass die meisten unserer Fragen mit einem freundlichen „ya“ beantwortetet wurden. Es hat sich nun aber herausgestellt, dass Vera grundsätzlich mit einem „ya“ antwortet, wenn sie nichts verstanden hat – was wohl auch Teil der Kultur ist. Wegen des respektvollen Umgangs miteinander wird eine konkrete Absage und damit das „Nein“ nur sehr sporadisch eingesetzt.
Realisiert habe ich das erst als ich nach der Richtung für einen Weg gefragt hatte die sie mit entschiedenem „ya“ bestätigte, mir den Rücken zudrehte und weiter ging. Auch kein Problem, muss man nur wissen…

Fiona macht sich diese Eigenart übrigens zu Nutze, um lange Gespräche mit Vera zu führen, wenn die beiden Mittagspause vor dem Fernseher machen oder mit den Hunden auf der Veranda sitzen. Fiona stellt Fragen und erzählt ihr wichtige Dinge – natürlich alles auf Deutsch – die Vera immer mit einem kurzen „ya“ beantwortet. Wobei auch sie Veras Strategie mittlerweile durchschaut hat. Zumindest hat Fiona festgestellt, dass es manchmal anstrengend ist sich mit ihr zu unterhalten, weil Vera sie wohl nicht immer versteht.

Ach, und mal ganz nebenbei, unser Nachbar ist ein „famous cockfighting master“. Laut Kadek sind die Hahnenkämpfe („Tajen“) hier beim allergrößten Teil der männlichen Bevölkerung ein beliebtes Spektakel. Obwohl eigentlich, bis auf wenige religöse Anlässe im Jahr, verboten – was aber scheinbar primär für die Wetten die auf die Kämpfe abgeschlossen werden gilt. So oder so drückt die Polizei bei diesem „Volkssport“ beide Augen zu.
Was ich nicht wusste: den Hähnen werden kleine Messer an die Krallen gebunden, um den „Unterhaltungswert“ zu erhöhen.
Bis zum Kampf werden die Hähne von ihren Besitzern bestens ernährt und sogar massiert – gleichzeitig aber in einem kleinen Korb gehalten. Vor Kämpfen werden die Hähne dann bewusst in die Sonne gestellt und ihnen werden Federn ausgerissen, um die Agressivität zu erhöhen. Das die Hähne überhaupt aufeinander los gehen hat wohl mit dem angeborenem Revierinstinkt zu tun.

Mit diesem Wissen passte das Erscheinungsbild des „Cockfighting masters“ auch perfekt. Mit seinen langen Haaren, dünnem Ziegenbart und Baseballcap sah er aus wie ein Gangster aus einem 80er B-Action-Film. Während er mit seiner Hand einen Hahn nachspielte, ließ er uns wissen, dass seine Hähne nicht nur bloss gackern, sondern „richtig“ Kikeriki machen. Es war nicht ganz sicher, ob er uns damit sagen wollte das seine Hähne „echte Kerle“ sind – oder einfach nur klar machen wollte, dass unter den Körben vor uns keine Hühner sitzen, sondern Hähne…

So wohnen Kampfhähne auf Bali

Indonesische Baustelle

Heute Abend hat Vera übrigens vegetarisch für uns gekocht: Gado Gado ist hier scheinbar so etwas wie ein Standard-Gericht, das auch in den meisten Warungs angeboten wird. Gebratener Tofu mit grünen Bohnen, Kohl und Kokos-Erdnusssoße. Sehr Lecker!

Abendessen von und mit Vera


Geschrieben von Bernd | Kategorie: Asien | ,

 

1 Kommentar zu “Unterwegs in Vera’s Nachbarschaft”

  1. Dieter hat am 8. Juni 2015 um 14:57 geschrieben:

    Ach herrlich, ich darf wieder in Erinnerungen Schwelgen. Weiter so…

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