fabfamily.de - Fiona, Anke & Bernd

August
2015

Tongatapu, Tonga
Wir grüßen euch aus der Zukunft…
August 2015

Die Ankunft im Königreich hinter der Datumsgrenze

Wir grüßen euch aus der Zukunft…

Das kleine Königreich Tonga liegt im Südpazifik, direkt hinter der Datumsgrenze. Jeder Tag fängt hier zuerst an. Während ihr zuhause noch mit „Gestern“ beschäftigt seid, sind wir hier schon mitten im „Morgen“ unterwegs… ;-)

Direkt hinter der Datumsgrenze: Tonga

Von den rund 177 Inseln des Königreichs (je nachdem ab welcher Größe ein aus dem Wasser ragender Felsen als „Insel“ bezeichnet wird) sind gerade mal etwa 50 bewohnt. Und – Tonga ist der einzige Inselstaat im Südpazifik, der nie von irgendwelchen anderen Ländern kolonialisiert wurde.

Wir waren voller Vorfreude als wir am späten Abend auf Tongatapu, der Hauptinsel, ankamen. Endlich in der Südsee!
Erster Eindruck: es war überraschend kalt hier. Und windig. Und geregnet hat’s auch noch.

Da der Wagen, der uns zu unserem Gästehaus in Nuku’alofa bringen sollte, schon recht voll war, funktionierte der Fahrer die Handbremse fachmänisch zu einem Kindersitz um, in dem er eine kleine Gummimatte darüber hängte. Mit einem freundlichen „for the child“ deutete er einladend auf die Handbremse zwischen den beiden Vordersitzen des leicht verbeulten Wagens.
Auch wenn wir aus Indonesien einiges an Improvisation gewöhnt waren, fanden wir diese Option für unsere erste Fahrt über Tongas Straßen – noch dazu im Dunkeln – nicht gerade angemessen für Fionas Sicherheit. Wenn Anschnallen schon nicht ging, mussten wir sie ja nicht auch noch auf einer Abschußrampe bei Vollbremsungen platzieren. Fiona kam auf meinen Schoss.
Es stellte sich allerdings heraus, dass die Fahrweise das durchaus zugelassen hätte. Mit 20 – 30 km/h juckelten wir im Schneckentempo über die Landstraße. Die Straßen waren zwar in Topzustand, aber wir lernen: „in Tonga everything is slower“. Dabei waren wir insgesamt sogar noch am schnellsten unterwegs – und überholten permament andere Autos. Nach einer guten 3/4-Stunde erreichten wir dann unser nur 15 Kilometer entferntes Gästehaus – allerdings auch inklusive eines Stopps am ATM.

Am nächsten Tag, bei Licht betrachtet, sah Tonga immer noch nicht wie Südsee aus. Bei nur knapp 20 Grad und dicken Regenwolken am Himmel ließ sich der mäßige Eindruck auch durch den starken Westwind nicht so wirklich wegpusten. Beim Skypen mit meinen Eltern erfuhren wir dann noch, dass in Hannover gerade über 30 Grad waren. Ein bisschen Neid kam auf…
Verstärkt wurde der etwas trostlose Eindruck noch dadurch, dass unser erster Tag ein Sonntag war. Sonntags geht in Tonga gar nichts – ein von ganz oben verordneter absoluter Ruhetage im Königreich. Alle Geschäfte haben zu, es fliegen keine Flugzeuge und sogar Sporttreiben oder Schwimmengehen sind gesetzlich verboten. Wer erwischt wir muss Strafe zahlen.
Entsprechend leer waren die Straßen. Und die wenigen Autos, die unterwegs waren, fuhren wie in Zeitlupe an unserem „Guesthouse“ vorbei kamen

Sehr einladend und Sonntags die nahezu einzige Option EssenzugehenSonntags bewegt sich hier nicht vielIrgendwie hat jedes 3. Auto hat eine kaputte Windschutzscheibe - wie das wohl bei ca. 30 km/h passiert

Überhaupt schien auf Tonga alles etwas langsamer zu gehen – was man uns hier in der Regel als „in island time“ verkaufte.
Immer wenn ich die kolossalen Damen des Hauses (Tonganer sind in der Regel sehr groß und sehr übergewichtig) etwas fragte, wurde ich eine gefühlte kleine Ewigkeit lang nur angesehen, ohne das eine erkennbare Regung erfolgte. Diese langen, starren Blicke gaben mir immer das Gefühl jetzt gerade was total blödes gesagt zu haben. Aber, es kam dann doch noch eine erlösende Reaktion hinterher. Nicht immer eine Antwort, aber doch zumindest ein Zucken der Augenbrauen oder ein freundliches Grinsen.
Aber Tonganer sind halt so. Der Reiseführer hatte uns schon darauf vorbereitet, dass Tonganer teilweise recht wortkarg sein können – und sogar in der Lage sind ganze Konversationen ohne ein einziges gesprochenes Wort zu führen.

Da uns schmackhaft gemacht wurde unbedingt mal in Tonga in die Kirche zu gehen und sich direkt neben unserem Gästehaus eine der zahlreichen Kirchen der Stadt befand, zogen wir unsere besten Trekkinghosen an und machten uns auf zur 10-Uhr-Vorstellung.
In der Tat waren die druckvollen und lautstarken Chorgesänge der Tonganer recht eindrucksvoll anzuhören. Ansonsten war der doch eher normale katholische Gottesdienst für uns als Nicht-Kirchgänger eine eher zähe Morgenveranstaltung. Aber es war in jedem Fall interessant die ganzen Tonganer in ihren besten traditionellen Gewändern zu sehen.
Nett fanden wir den Teil des Gottesdienstes, als jeder sich in alle Richtungen drehte, um den anderen um sich herum die Hand zu geben. Wir waren davon etwas überrascht – aber auch die Familie vor uns zögerte kurz als sie sich umdrehten und hinter sich ein paar „Palangi“ sahen.
„Palangi“ ist im übrigen die umgangssprachliche Bezeichnung für alle Nicht-Polynesier und bedeutet sinngemäß „weiße fremde Person“.

Sonntags in die Kirche - hatten wir lange nicht mehrAuch wenn's zuerst nicht so aussieht - nett sind hier alle

Alle Tonganer gehen Sonntags in "ihre" Kirche

Blumenkästen aus alten Autoreifen - günstig und zweckmäßigWir auch!

Damit die Touristen an Sonntagen nicht allzusehr leiden müssen, gibt es Sondergenehmigungen für einige wenige Restaurants in der Stadt. Glücklicherweise lag eines dieser raren Lokale nur wenige Minuten entfernt, so dass wir uns nicht den ganzen Tag nur von Chips ernähren mussten. Was uns Tommo schon in Brisbane erzählt hatte: Tonganer lachen gerne – und laut. Davon konnten wir uns überzeugen als das bis dahin „normal“ ruhige Restauant von zwei Gruppen gewichtiger Tonganer betreten wurde. An beiden Tischen dauerte es nur wenige Minuten bis unglaublich Laut – teilweise sogar richtig hysterisch – losgelacht wurde. Jemand am Tisch erzählte etwas und schon lagen wieder alle sprichwörtlich am Boden vor Lachen. Was immer da erzählt wurde musste richtig, richtig witzig gewesen sein. Das Gelächter war dermaßen ansteckend, dass Anke und ich immer wieder mitlachen mussten – ohne zu wissen worüber überhaupt. Fiona wollte dann aber langsam zurück, weil ihr die Leute nach einer Weile ein bißchen zu laut gelacht haben…

Mich hatte direkt am nächsten Tag eine Magen-Darm-Geschichte vorübergehend außer Gefecht gesetzt. Die Chefin des Gästehauses fuhr uns netter Weise zur einzigen Apotheke der Insel und zeigte uns auch gleich noch ein paar Ecken aus ihrer Jugend. Sie war hier aufgewachsen, lebte aber schon seit vielen Jahren in Australien und kam nur während der Hauptsaison nach Tonga, um das Gästehaus für die befreundete Familie zu leiten. Denn, dass hörten wir in den kommenden Wochen immer wieder (von Tonganern selbst): Tonganer sind keine guten Geschäftsleute.
Wahrscheinlich deshalb, weil die Mentalität der Menschen hier traditionell eher auf tauschen und (aus-)helfen ausgelegt ist. Während unserer ganzen Zeit in Tonga wurden wir immer wieder völlig selbstverständlich mit allen möglichen Dingen beschenkt. In einem anderen Gästehaus zum Beispiel, wo wir uns wegen eines etwas überteuerten Frühstücks entschlossen darauf zu verzichten – und uns lieber selbst versorgten, wurden uns trotzdem jeden Morgen „Reste“ vom Frühstück vorbeigebracht…

Aber zurück zur Gästehaus-Chefin (ihren Namen haben wir leider nicht mehr)… Ihr Traum war es ein ganz bestimmtes Grundstück zu leasen – das sie uns auf der kleinen Rundfahrt auch stolz zeigte – um darauf ein eigenes kleines Öko-Gästehaus zu betreiben. Da sie einen Palangi geheiratet hatte durfte sie nach tonganischer Gesetzgebung kein Land mehr kaufen, denn er Besitz von Land ist nur den Tonganern gestattet. Die einzige Option für sie wäre daher das Leasen gewesen. Allerdings war es ihr bisher noch nicht gelungen, den Besitzer ausfindig zu machen, da irgendwie niemand wusste wem das Grundstück eigentlich gehörte. Tja, so sind sie, die Tonganer…

Was uns während der Fahrt noch auffiehl: überall waren Tsunami-Evakuierungsschilder, die teilweise in widersprüchliche Richtungen zeigten. Wir wurden aufgeklärt, dass die Insel so flach sei, dass es bei einem Tsunami ohnehin keinen Sicheren Platz geben würde. Ihrer Meinung nach sollten die Schilder nur dazu dienen die Menschen dann bis zum Ende in Bewegung zu halten: „…so, we will all die running“.

Poster und "Werbetafeln" zu ehren der totenGräber werden bunt geschmückt

Gräber werden in der Regel mit bunten Plastikblumen geschmückt – und sehen teilweise aus wie Werbeflächen für die Verstorbenen

 
Außer dieser kleinen Rundfahrt hatten wir uns dann in den folgenden paar Tagen nicht mehr viele der wenigen Sehenswürdigkeiten auf Tongatapu angesehen.
Dann ging’s auch schon weiter zur nächsten Inselgruppe, nach Ha’apai. Dort warteten endlich die Wale auf uns…

Warten in der Abflughalle


Geschrieben von Bernd | Kategorie: Ozeanien | ,

 

1 Kommentar zu “Wir grüßen euch aus der Zukunft…”

  1. Dieter hat am 16. September 2015 um 14:39 geschrieben:

    Falls ihr jetzt in Nepal weil kann ich Bhaktapur mit seinen Tankamalern empfehlen. ich glaube dort werden auch unglaublich feine Buddhastatuen geschmiedet. (wenn ich das nicht mit Patan verwechsele) Für eine ausgedehnte Wanderung ist das Khalikandakital toll. Zu Beginn gibt es heisse Quellen (Tatopani) die als öffentliches Bad (sehr überschaubar) genutzt werden. Ziel der Wanderung ist Muktinath (wahrscheinlich für euch zuviel Zeit) wo Buddha und Shiva sich treffen. LG und weiterhin eine tolle Zeit

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