fabfamily.de - Fiona, Anke & Bernd

Juli
2015

Flores, Indonesien
Wae Rebo – Trekking in eine vergangene Zeit
Juli 2015

Zu Besuch in einem traditionellen Bergdorf der Manggarai

Wae Rebo – Trekking in eine vergangene Zeit

Unsere erste richtige Trekking-Tour war gleich ein ganz schöner Kracher. Bei den Beschreibungen für solche Touren werden ja in der Regel nicht die Kilometer, sondern nur die ungefähren Stunden angegeben, die man wohl benötigen wird. Rückblickend kann ich festhalten, dass hier für Flores eigentlich immer der Zusatz „Achtung, verdammt steil!“ gefehlt hat.

Von dem kleinen Dorf Denge, nahe der Südküste im Westen von Flores, wollten wir in die Berge zu einem traditionellen Dorf der Manggarai wandern. „Wae Rebo“ liegt recht abgelegen von eigentlich allem und ist nur über einen etwa 9 Kilometer langen Dschungelpfad zu erreichen, der einen erst auf einen Berg in etwa 1800m führt und dann auf der anderen Seite wieder runter auf 1300m. Dort liegt das etwa 800 Jahre alte Dorf auf einer kleinen Ebene – eingerahmt von Bergen und dichtem Dschungel.
Der steile und enge Pfad ist aber nicht nur echt anstrengend, sondern auch unglaublich schön – und lehrreich. Wir laufen durch eine wildgewachsene abwechslungsreiche Gewürz-, Gemüse- und Obstlandschaft in der wir neben Papayas, Ananas, Bananen, Nelken, Vanille, Zimt, Kasava, Maccadenia-Nüssen jede Menge Kakao & Kaffee entdecken – sowie maßenweise anderer Gewächse, die wir teilweise probiert haben, aber fast alle bisher nicht kannten.

Was uns schon unten im Dorf aufgefallen war: es gab ausnahmweise mal nirgends Müll zu sehen. Unser Guide, Andi, hatte dafür auch eine einfache Erklärung parat: Niemand hier hat das Geld und den Bedarf an den diversen (meist westlichen) Konsumgütern, die in der Regel gut verpackt daher kommen. Die Menschen essen schon immer dass was sie anbauen (oder, wie im Falle von Reis, als Unterstützung vom Staat erhalten) – somit fällt eben auch kein (beständiger) Müll an.

Da es nur den einen Weg zum Dorf gibt müssen die Dorfbewohner alles mühevoll selbst nach oben schleppen. Auf dem Weg überholten wir uns immer wieder gegenseitig mit Dorfbewohnern, die mit Reissäcken, Hühnern im Bund (an den Füßen zusammengeknotet) und anderen Lasten schwer beladen waren.
Bei einer gemeinsamen Pause bekam Fiona von einem älteren Dorfbewohner einen Wanderstock aus einem Zimtast geschnitzt. Der war nicht nur praktisch für den noch bevorstehenden Marsch, sondern roch auch noch extrem lecker…

Ananas am WegrandKaffee wächst überall ohne EndeBananen findet man alle paar Meter

Wir waren im Übrigen (mal wieder) wirklich überrascht, wie Fiona diese echt anstrengende Wanderung gemeistert hat. Auf den ersten paar Kilometern hatte sie zwar noch Rückenschmerzen und Magenprobleme (übrigens zufällig die selben Leiden die Anke und ich in den Tagen davor auch schon beklagt hatten), als es dann aber etwas „abenteuerlicher“ über die schmalen Wege und teilweise improvisierten Bambusbrücken ging, war davon nichts mehr zu hören. Am Ende war Fiona sogar die bei weitem fitteste von uns Dreien. Während wir echt total kaputt oben angekommen waren, war das für Fiona alles scheinbar weniger eine Frage der Kondition, sondern lediglich der Motivation…

Da müssen wir rüberDer Bambus wird hier recht groß

Der einzige Weg nach Wae Rebo führt über diese Bambusbrücke

Jedenfalls konnten wir nach 5 anstrengenden Stunden dann endlich durch eine Lichtung einen ersten Blick auf das etwas tiefergelegene Wae Rebo werfen. Was soll man sagen: Hammer lage! Wenn auch etwas ungünstige Verkehrsanbindung… ;-)

Direkt dahinter erreichten wir eine erste kleine Hütte von der aus unser Besuch durch einige kräftige Schläge auf ein dickes Bambusrohr im Dorf angekündigt wurde.

Ein erster Blick auf das Dorf

Nach 5 anstrengenden Stunden ein erster Blick auf das Dorf (unten rechts)

Als wir in’s Dorf kamen fühlte es sich dann wirklich so an, als wären wir nicht nur den Berg rauf, sondern auch in der Zeit zurück gelaufen. Sieben große, palmenbedeckte Holzhütten waren im Halbkreis am Rand einer kleinen Hochebene um den Dorfplatz angeordnet.

Auf dem Platz waren Planen ausgebreitet, auf denen Kaffeebohnen, die Haupteinnahemquelle der Bewohner, zum Trocknen auslagen. Die Erträge werden hier grundsätzlich unter der ganzen Dorfgemeinschaft aufgeteilt. Jede Hütte gehört zu einem Klan – bis auf eine Hütte, die nur für Besucher wie uns als Übernachtungslager bereit gestellt wurde.
Die größte Hütte war eine art Gemeinschaftshaus, in der der Dorfälteste wohnte – und in der außerdem für jeden Klanvorstand ein kleiner Raum abgetrennt war.

Hier mussten wir direkt nach unserer Ankunft auch als erstes reinschauen, um vom Dorfältesten in einer offiziellen Begrüßungszermonie empfangen zu werden – und um die Erlaubnis einzuholen, überhaupt im Dorf bleiben zu dürfen.
Zur Begrüßung nahmen wir im Haupthaus in gebührendem Abstand von etwa 3 Metern direkt vor dem in der Mitte des Raumes hockenden Dorfältesten platzt. Der erhob sich daraufhin langsam und begrüßte uns Vier zunächst einzeln per Handschlag. Nachdem er sich wieder gesetzt hatte, fragte er bei den Ahnen der Dorfältesten nach, ob wir im Dorf willkommen wären oder nicht. Das die teilweise schon einige hundert Jahre Tod waren, mag im ersten Moment etwas irritieren – aber was man dazu wissen muss: zwar sind die meisten Einwohner in Flores durch die Kolonialisierung von Holländern und Portugiesen katholisch, allerdings hat sich der traditonelle Glaube an Geister und der Gleichen trotzdem beständig gehalten. Nur hier hat die katholische Kirche diese Sonderform von Katholizimus und Animismus daher offiziell zugelassen.

Anmeldung beim Dorfältesten -  die Geister der Ahnen müssen zustimmen, dass wir bleiben dürfen

Gespanntes Warten was passiertZuerst werden wir persönlich begrüßtDiese Instrumente werden nur bei besonderen Zeremonien gepielt

Der Dorfälteste führte einen mehrminütigen Monolog, der nicht uns galt, sondern eben den Geistern der Ahnen. Wie Andi uns übersetzte, teilte er ihnen wohl mit, dass wir nur friedliche Besucher seien und weder den Menschen, noch dem Dorf oder der Kultur schaden wollten. Danach herrschte für einen Moment Stille – die Geister mussten wohl kurz überlegen. Dann das erlösende, zustimmende Kopfnicken in unsere Richtung. Wir durften bleiben.
Hätten wir am selben Tag wieder zurück marschieren müssen, hätte Anke sich die Ahnen sicher noch mal persönlich zur Brust genommen…
Vielleicht haben die Geister aber auch unser kleines Begrüßungsgeschenk in Form von einem Bündel Scheinen bemerkt, das Andi dem Dorfältesten übergeben hatte. Bemüht dezent hatte er vor der Befragung noch kurz durch gezählt.

Wie auch immer, wir hatten nun die Erlaubnis uns überall im Dorf frei zu bewegen – nur das Betreten des Steinaltars direkt vor der Haupthütte war uns untersagt worden, da dieser Platz extrem heilig war und nur von bestimmten Personen betreten werden durfte..
Hier werden diverse Rituale zelebriert, wie zum Beispiel das Opfern von Schweinen und Hühnern nach erfolgreicher Ernte. Das Blut der Tiere wird dann über den kompletten Altar verspritzt und die Herzen werden in der Mitte auf einem Holzstab aufgespießt – nur falls es jemand wissen wollte…

Der Altar - betreten für uns streng verboten

Vanille - die Baumrinde liegt getrocknet und gerollt zum Verkauf bereit

Kaffee arabica

Wenn man zum Übernachten an einen solchen Ort kommt, ist auch klar, dass man bei den sanitären Einrichtungen Abstriche machen muss. Die hier beliebten Hockklos, auch mandri genannt, waren in der Regel direkt hinter der Hütte am Hang. Für’s Waschen und Duschen gab es etwas abgelegen einen Platz direkt an einer Quelle, wo das Wasser mittels Bambusrohr zu einer kleinen Dusche umgeleitet wurde.
Früher hatten sich Frauen und Männer einen Waschplatz geteilt – und vor einer Ecke mussten die Männer dann immer erst einmal laut rufen, um zu prüfen, ob der eventuell schon jemand (weibliches) anwesend war. Wer um die Ecke bog ohne zu rufen musste der gegebenfalls entblössten Frau dann zur Entschädigung ein ganzes Schwein überreichen. Vor einigen Jahren wurde daher noch ein zweiter Waschplatz eingerichtet.

Die Klos sind definitiv GeschmackssacheAber die Duschen sind OK

Gegen Abend wurden dann die Kaffeebohnen sorgsam eingepackt und der Dorfplatz von den Kindern und Jugendlichen zum Fußballplatz umfunktionert. Die älteren Männer saßen meist gemeinsam vor den Hütten und beobachteten das Spiel – und die fremden Besucher für eine Nacht, während die Frauen fast alle in den Hütten verschwunden waren.

Für die Nacht teilten wir uns dann den Schlafplatz im Gästehaus mit einem australischen älteren Pärchen, die ihren ersten Urlaub ohne Kinder seid über 20 Jahren verbrachten, einem ausgewanderten Norweger samt Familie und drei indonesischen Touristen aus Jarkata (wie übrigens alle einheimischen Touristen grundsätzlich nur aus Jarkata kommen) – jeweils inklusive Guide. Geschlafen wurde auf dem harten Boden eines großen Raumes auf dünnen Bambusmatten. Kein Wunder also, dass alle recht früh wieder wach waren – außer Fiona, die ausnahmsweise mal als allerletzte den Kopf aus der Hütte streckte.

Abendessen im GästehausDie Küche ist recht rustikal

Alle Besucher schlafen in einer HütteFiona findet's gemütlich

Gegen 6 erwachte dann auch so langsam das Dorfleben. Hier oben in den Bergen war es nachts doch recht kühl und die Männer standen im Morgendunst eingehüllt in ihre Sarongs vor der Haupthütte und warteten auf die ersten Sonnenstrahlen. Dann wurden die Kaffeebohnen wieder zum Trocknen auf dem Platz ausgebreitet.

Das alles wirkte irgendwie relativ entspannt – obwohl es ganz sicher kein einfaches Leben hier oben in den Bergen ist. Aber ein langsames…

Die erste Sonnenstrahlen fallen in die GästehütteFiona ist die letzte die aus der Hütte krabbelt

Abschied

Geschrieben von Bernd | Kategorie: Asien | ,

 

2 Kommentare zu “Wae Rebo – Trekking in eine vergangene Zeit”

  1. Mark hat am 29. Juli 2015 um 10:26 geschrieben:

    Sensationelles Erlebnis! Weiterhin viel Spaß :-)

    1. Bernd hat am 2. August 2015 um 6:09 geschrieben:

      Absolut… ;-) Wir sind selbst gespannt, was uns noch so alles erwartet…

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