fabfamily.de - Fiona, Anke & Bernd

Januar
2016

Nicaragua, Granada
Wie gefährlich ist dieses Nicaragua eigentlich?
Januar 2016

Man braucht nur wenige Informationen, um den falschen Eindruck zu bekommen

Wie gefährlich ist dieses Nicaragua eigentlich?

„No hablo espanol“ („ich spreche kein Spanisch“) und „No se“ („keine Ahnung“) – mehr spanisch braucht man eigentlich nicht, um jede interessante Unterhaltung frühzeitig abzuwürgen. Deshalb hatten wir auch vor, unseren Nicaragua-Aufenthalt mit einem Sprachkurs zu beginnen.

Ursprünglich sollte Nicaragua deshalb unsere erste Station in Lateinamerika werden. Wir haben uns dann in Nepal aber dazu entschloßen, Costa Rica vorzuziehen, um mehr Zeit für Mittel- und Südamerika zu haben.
Sprachlich war das auch absolut kein Problem, da man in Costa Rica eigentlich fast überall ganz gut ohne Spanisch aus kommt. Und überraschenderweise sprachen wir sogar fast genau so viel Deutsch wie Englisch. Was nicht nur an anderen Reisenden lag, sondern auch daran, dass gefühlt jede dritte Unterkunft von deutschen Auswanderern geführt wird.

Günstig und auch recht komfortabel machten wir uns dann Anfang Dezember mit dem TransNica-Bus auf in Richtung Nicaragua.
Am Grenzübergang „Peñas Blancas“ war ganz ordentlich was los.
Zum einen waren viele in Costa Rica arbeitende Nicaraguaner für die Feiertage auf dem Weg zurück in die Heimat und zum anderen hatten sich etliche Kubaner zwangsweise am Grenzzaun häuslich niedergelassen.
Insgesamt warteten hier etwa 2000 Kubaner – teilweise schon seit einigen Wochen – auf eine Einreiseerlaubnis, bzw. eigentlich sogar nur eine Durchreiseerlaubnis, für Nicaragua.

Das Ziel der aus ihrer Heimat geflüchteten Kubaner waren nämlich eigentlich die USA. Jorge, ein Tico den wir einige Tage vorher in der Nähe von Liberia kennengelernt hatten und der schon seit etlichen Jahren immer wieder für diverse soziale Projekte nach Kuba gereist war, hatte uns dazu schon mit einigen interessanten Einblicken über das Leben in Kuba und die aktuelle Flüchtlingssituation versorgt. Uns zumindest waren viele Details über das kubanische Leben unter den Augen des staatlichen Überwachungsapparates – und auch die Flüchtlingspolitik der USA – so noch gar nicht bekannt.
Die USA haben sich nämlich speziell für kubanische Flüchtlinge etwas ganz besonderes einfallen lassen: die sogenannte „wet feet/dry feet policy“. Diese interessante Regelung erlaubt es kubanischen Flüchtlingen, die es schaffen auf dem Landweg („dry feet“) in die USA einzureisen zu bleiben – sogar wenn sie kein Visum besitzen. Während sie bei einer Einreise auf dem (direkten) Seeweg („wet feet“) gleich wieder Richtung Heimat zurückgeschickt werden. Und weil eine visumfreie Durchreise für Kubaner nur über bestimmte Länder möglich ist, wird ein „kleiner“ Schlenker über Süd- und Zentralamerika nötig.

Was im ersten Moment eventuell etwas merkwürdig klingt, soll von den Flüchtlingen wahrscheinlich einfach nur als kleine Entscheidungshilfe für so eine Unternehmung gesehen werden – und vielleicht auch als kleiner Ausblick auf das zu erwartende Leben in einer möglichen neuen Heimat.
Um den sportlichen Ehrgeiz der Flüchtlinge noch etwas zu steigern, ließe sich die Regelung ggf. ein wenig erweitern: wer die Grenze auf einem Bein hüpfend überquert – ohne dabei nennenswert aufzufallen – bekommt sogar noch einen Begrüßungsdrink gratis dazu.

Ansonsten kann natürlich jedes Durchreiseland auch eigene Ideen umsetzen. Daniel Ortega, der nicaraguansiche Präsident, hatte sich dazu entschloßen die Grenze zu Costa Rica für Kubaner kurzfristig einfach mal ganz dicht zu machen, so dass etliche Flüchtlinge nun vorläufig in provisorisch eingerichtet Zeltlagern gestrandet waren.
Um die Diskussionen dazu zwischen Costa Rica und Nicaragua wirklich bewerten zu können, fehlt mit allerdings ehrlich gesagt der nötige Durchblick. Am Ende scheint es dabei um so einiges zu gehen – nur nicht zwingend vordergründig um die Flüchtlinge…

Glücklicherweise darf unsereins ja fast überall Ein- und Ausreisen, wie er möchte. Sich trotzdem noch über lange Warteschlangen aufzuregen, scheint dann auch nicht mehr so wirklich angebracht.
Dennoch fanden wir es natürlich sehr erfreulich, dass wir dank Fiona nach einer recht kurzen Wartezeit aus einer sehr langen Schlange vor den Ausreiseschalteren heraus gewunken wurden und uns ganz vorne wieder einreihen durften. Ein besonderes Privileg für die ältesten und jüngsten Reisenden (also, im Zweifelsfall Oma mitnehmen, wenn gerade kein Kind zur Hand ist… ;-)).
Ein kleine deutsche Reisegruppe vor uns nahm das mit kritischen Blicken und dämlichen Kommentaren etwas genervt zur Kenntniss. Aber so sind wir halt gerne Mal, wenn’s um die Vorteile der anderen geht… ;-)
Genugtuung hätte aber sicher die Information verschafft, dass wir am Ende trotzdem insgesamt fast 4 Stunden auf den 100 Metern im Niemandsland zwischen Costa Rica und Nicaragua verbracht haben, bis endlich alle Formalitäten erledigt waren und wir ganz offiziell in Nicaragua angekommen waren.

Das Warten zerrte etwas an den Nerven. Ich hatte am Morgen spaßeshalber noch mal die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes für Nicaragua überflogen. Neben vielen verunsichernden Hinweisen, war dort zu lesen, dass man auf gar keinen Fall einfach so ein Taxi nehmen sollte – schon gar nicht, wenn noch ein „Freund“ mit im Wagen sitzen sollte – und dass, wo es in Nicaragua absolut üblich ist, dass Taxifahrer unterwegs mehrere Personen einsammeln, bis das Taxi voll ist.
Es sei außerdem „lebensgefährlich eine Kreditkarte mit sich herum zu tragen, zu der man die PIN nicht kennt“. Der in vielen Weltreise-Foren zu lesende „Trick“, eine noch gültige aber bereits gesperrte Kreditkarte in einem separaten Geldbeutel zusammen mit ein paar kleinen Scheinen bei sich zu tragen, um im Fall der Fälle eine Kleinigkeit überreichen zu können, entpuppte sich also in Wahrheit als potentielle Todesfalle. Sicherheitshalber hatte ich daher den „falschen Hasen“ schon sorgfältig im Rucksack versteckt…

Eine ältere Amerikanerin, die uns bei einigen sprachlichen Unklarheiten an der Grenze geholfen hatte, schrie uns zum Abschied noch mit bedrohlichem Blick hinterher, dass es lebensgefährlich sei die Busstation ohne organisierten Transport zu verlassen! Und wir sollten AUF GAR KEINEN FALL mit Gepäck durch die Straßen laufen – schon gar nicht im Dunkeln!
Durch die Verzögerungen an der Grenze schien es so, als sollte das mit dem im Hellen ankommen schon mal etwas knapp werden. Anke hatte richtig Angst und ich machte mir jetzt auch etwas sorgen. Ich war mir zwar sicher irgendwo mal gelesen zu haben, dass Nicaragua mittlerweile zu den sichereren Ländern in Lateinamerika gehören sollte, aber die Hinweise, die auf das Gegenteil hindeuteten häuften sich in recht kurzer Zeit beachtlich.
Auch unsere Spanischschule in Nicaragua hatte uns vorab per E-Mail den Namen des Fahrers, der uns abholen sollte mitgeteilt und sogar Marke, Farbe und Nummernschild des Wagens. Dazu noch der Hinweis, dass der Fahrer in jedem Fall auch warten würde wenn wir verspätet ankommen würden. Und im Zweifel sollten wir lieber etwas länger ausharren, als einen Transport auf eigene Faust zu organisieren. Jetzt war ja auch klar wieso: viel zu gefährlich!

Der Bus hielt auf unseren Wunsch in Granada an einer nicht sehr belebten Straße, die eher am Rande von Granada gelegen zu sein schien. Wir waren die einzigen die ausstiegen. Und es war niemand da, der auf uns wartete.
Wie beim Auswärtigen Amt zu lesen war, bemühten wir uns – trotz unseres ganzen Gepäcks – nicht aufzufallen oder gar unsicher zu wirken. Ein Taxifahrer kam auf uns zu und fragte mit ernstem Gesicht, wo wir denn hin wollten. Wir blockten die Hilfe ab – schließlich waren wir ja nicht lebensmüde.
Ein Mann der gegenüber auf der anderen Straßenseite auf dem Fußweg saß, beobachtete uns. Der selbe Taxifahrer von eben fuhr wieder vorbei und sah uns aus dem Auto heraus an. Dies mal mit einem „Freund“ auf dem Beifahrersitz. Ich war mir nicht mehr ganz sicher, ob wir noch selbstsicher genug wirkten.

Anke sprach in ihrer Verzweiflung und der nun einsetzenden Dämmerung eine in einem Hauseingang sitzende Frau an, um irgendwie Hilfe zu bekommen. Und irgendwie bekam sie es sogar ohne ein Wort spanisch hin, dass die Frau bei unserer Schule anrief, um unsere Ankunft in Erinnerung zu rufen. Etwa zwanzig Minuten später hielt ein alter, roter Pick-up direkt vor unserer Nase an.
Weder Fahrer, noch Nummernschild, Model oder Farbe passten zu der vorab gesendet Beschreibung. Aber die Frau am Steuer stellte sich als Leiterin der Sprachschule vor – und wir stiegen einfach mal ein.
Während der Fahrt rückte sie die ganzen Sicherheitshinweise auch noch mal in’s richtige Licht: „Ja, für Managua stimmt das – aber ganz bestimmt nicht für Granada…“

Ach so, na dann…

Geschrieben von Bernd | Kategorie: Amerika | ,

 

1 Kommentar zu “Wie gefährlich ist dieses Nicaragua eigentlich?”

  1. angred klingenbergss hat am 24. Januar 2016 um 19:31 geschrieben:

    Dad war ja aufregend füreuch aber auch sicher eine gute erfahrung alles gute weiter für euch drei

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